• Andrea Mayrwöger | AUFWIND 2021 / 03
Eine Community Nurse (männliche Form wird dabei nicht ausgeschlossen) ist im Volksmund eine Art Gemeindeschwester. Aber eben nicht eine im klassischen Sinn. Durch den mittlerweile bereits herrschenden Pflegemangel, der laut Expert:innen leider noch anwachsen wird, müssen neue Strukturen geschaffen werden. Die alten Systeme können den gestiegenen Bedarf nicht mehr kompensieren.

Es bedarf einer flexiblen und rasch anpassungsfähigen Lösung. Ein starres bürokratisches, hierarchisches System wie es gegeben ist, wird sich nie zeitnahe auf die Bedürfnisse der Bevölkerung einstellen können.

Das Gesundheitsministerium hat genau aus diesem Grund eine Maßnahme entworfen um dem System eine kurzfristige leichte Entlastung zu ermöglichen und gleichzeitig individueller und gezielter auf die Bedürfnisse der Bevölkerung eingehen und schneller darauf reagieren zu können: die Community Nurses! Es existieren bereits sehr gut funktionierende Formen in den skandinavischen Ländern, sowie in Kanada, die eine gemeindenahe Gesundheitsversorgung führen. Eine Ansprechperson kümmert sich um die Bürger:innen einer Gemeinde rund und deren Bedarfsdeckung an gesundheitlicher Versorgung und zusätzlich der damit verbundenen Organisation und Bürokratie.

In Hörsching fehlt eine wichtige Schnittstelle

Derzeit existieren in Hörsching in diesem Bereich die Mobilen Dienste des Sozialhilfeverbandes und die Sozialberatungsstelle. Beide haben einen großen Stellenwert und ein dementsprechend großes Aufgabengebiete.

  1. Die Sozialberatungsstelle reicht Kontakte weiter und stellt Informationen zur Verfügung, kann aber keine pflegerischen Auskünfte geben und hat auch keine Möglichkeit zu den Betroffenen nach Hause zu kommen und diesen Hilfe vor Ort anzubieten. Bei vielen Pflegeberatungen ist aber genau das notwendig, damit betroffene Personen die Möglichkeit erhalten, diese Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
  2. Die mobilen Dienste kommen erst im Anlassfall, wenn Angehörige bereits die Pflege nicht mehr übernehmen können und betreuen dann ausschließlich den Klienten selbst, können aber eine Unterstützung und Beratung der Angehörigen nicht übernehmen.

Aber: Es fehlt an einer Schnittstelle!

Was kann eine Community Nurse nun zur Schließung dieser Lücke beitragen?

Grundsätzlich kann eine Community Nurse dazu beitragen, dass Menschen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben können und dort gut versorgt sind. Community Nurses suchen aktiv zu Hause auf. Dadurch kann das Umfeld mit einbezogen werden. Ressourcen werden von Beginn an genützt. Nachbarschaftshilfe, Schulungen und Unterstützung der Angehörigen, Versorgung mit Hilfsmitteln und Antragsstellungen von zu Hause aus, Präventionsmaßnahmen, damit es erst gar nicht zum Pflegefall kommt und vieles mehr. Dies sind nur einige Dinge die eine Community Nurse vor Ort abdecken kann.

Gleichzeitig agiert eine Community Nurse als Stimme für Menschen, die nicht zum Rathaus gehen und ihre Bedürfnisse äußern können. Es ist auch Aufgabe der Community Nurse die zu Versorgenden in der Gemeinde zu vertreten. Die Gemeinde hat die Möglichkeit bei der Planung von Projekten auf die Expertise der Community Nurse und der Trägerorganisationen zurückzugreifen. Ein praktisches Beispiel wäre die Begleitung bei Pflegegelduntersuchungen. Es ist ein bekanntes Problem, dass Angehörige den Pflegebedarf erschwert darstellen oder kommunizieren können. Schamgefühl, Unwissenheit oder schlichtweg Gewohnheit kann den tatsächlichen Bedarf verfälschen und Betroffenen und deren Angehörigen durch eine zu geringe Einstufung schaden.

Die Community Nurse ist aber nicht nur für ältere Menschen und deren Angehörige da, sondern für Menschen jedes Alters. Auch bei physischen und psychischen Problemen von Kindern und Jugendlichen kann die Gemeindeschwester eine Ansprechperson sein und mit Rat und Tat helfen.

Das Projekt wird für drei Jahre vom Gesundheitsministerium gefördert. Während dieser Zeit sollen die Aufgabenbereiche der Community Nurses dem Bedarf folgend laufend angepasst werden. Danach gibt es die Möglichkeit, anhand der erhobenen Daten eine Evaluierung durchzuführen und so einzuschätzen, ob das Projekt in Hörsching notwendig und der Bedarf gegeben ist und dann auch fortgeführt werden soll oder ob es für die Gemeinde Hörsching und deren Bürger:innen keinen Sinn macht, eine Community Nurse zu finanzieren – dann sollte das Projekt, nach den 3 Jahren Finanzierung vom Bund, enden.

Im Ausschuss für Jugend-, Familien-, Senioren-, Wohnungs- und Integrationsangelegenheiten wurde eine Weiterverfolgung des Projektes „Community Nurse für Hörsching“ von ÖVP und FPÖ abgelehnt - was uns Grüne doch sehr verwundert hat. Ein Sozialprojekt, welches fast zur Gänze durch Förderungen des Bundes finanziert wird und dem Gemeinwohl zu Gute kommt, einfach abzuschmettern, halten wir für falsch. Leider war die Frist zur Beantragung des Projektes bis Anfang Dezember 2021 möglich, was uns die Möglichkeit nimmt, auf kommunalpolitischer Ebene für die Umsetzung dieses Projekts zu arbeiten. Sollte es diese Gelegenheit nochmals geben, werden wir selbstverständlich versuchen auch Hörsching die Vorteile einer Community Nurse zu ermöglichen.