• Selam Ebead | AUFWIND 2025/ 01
Im Oktober 2023 wurde auf europäischer Ebene die sogenannte RED-III-Richtlinie beschlossen. Sie sieht vor, den Anteil erneuerbarer Energien in der EU deutlich zu erhöhen. Zu diesem Zweck sollen die Mitgliedstaaten „EE-Beschleunigungsgebiete“ ausweisen – Zonen, in denen der Ausbau erneuerbarer Energiequellen besonders rasch und unkompliziert erfolgen kann.

In Oberösterreich präsentierten die Landesparteien ÖVP und FPÖ am 20. 12. 2024 den entsprechenden Zonenplan. Laut diesem sollen 0,74 Prozent der Landesfläche als Beschleunigungsgebiete ausgewiesen werden. In diesen Gebieten entfallen bestimmte Genehmigungsverfahren wie Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) und naturschutzrechtliche Bewertungen. 64,7 Prozent gelten als „neutrale“ Gebiete. Dort ist der Bau von Windkraftanlagen grundsätzlich möglich, jedoch nur mit einer regulären Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Auf ca. 33 Prozent der Fläche ist die Nutzung von Windkraft vollständig ausgeschlossen.

Im November 2024, einen Monat vor Veröffentlichung des Zonenplans, wurde ein Windkraftprojekt in der Gemeinde Sandl zur Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht. Das Projekt wurde über mehrere Jahre vorbereitet, inklusive naturschutzfachlicher Begutachtungen und Einbindung der Bevölkerung. Auch Gemeinderat und Bürgermeister unterstützen das Vorhaben. Die Gemeinde Sandl gilt als finanzschwach und sieht in dem Projekt eine wirtschaftliche Chance. Durch die neue Zoneneinteilung liegt das Projektgebiet nun jedoch in einer Ausschlusszone.

Die Projektbetreiber wollen das UVP-Verfahren dennoch fortsetzen – mit Verweis auf die unklare rechtliche Situation. Sollte die UVP positiv ausfallen, könnte es zu juristischen Auseinandersetzungen kommen. Es steht zur Diskussion, ob die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Projekt nachträglich und ohne hinreichende fachliche Begründung verändert wurden.

Landesrat Stefan Kaineder (Grüne) äußerte Kritik an der Vorgangsweise der Landesregierung: „Es ist ein politisch motivierter Akt von Schwarz-Blau in Oberösterreich, der eine 260 Millionen Euro Mega-Investition in die Zukunft des Landes verhindern soll. Damit wird nicht nur der dringend notwendige Ausbau der Windkraft in Oberösterreich ausgebremst, es ist auch ein Schaden für die Wirtschaft und Industrie, die gerade jetzt auf günstigen erneuerbaren Strom angewiesen ist. Damit werden Arbeitsplätze gefährdet und der Strompreis für die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher bleibt hoch. Und für die Gemeinde, die einstimmig für das Projekt ist, sowie für die gesamte Region verhindert man einen notwendigen Strukturaufschwung.“

Unabhängig von der politischen Bewertung gilt als wahrscheinlich, dass eine positive UVP-Genehmigung zu Beschwerden durch die Umweltanwaltschaft oder Umweltorganisationen führen könnte. Die Umwelt- und Naturschutzanwaltschaften sind unabhängige Stellen der Bundesländer. Sie werden von der jeweiligen Landesregierung bestellt, sind aber in ihrer Tätigkeit weisungsfrei. In umweltrelevanten Verfahren – wie etwa bei UVPs – haben sie Parteistellung.

Oberösterreichs Umweltanwalt Martin Donat ist seit Jahren ein engagierter Kämpfer gegen den Ausbau der Windkraft in Oberösterreich. Kritiker werfen ihm vor, in der Diskussion um Windkraft über das Ziel hinauszuschießen. Im September 2024 wurde gegen Donat eine Anzeige wegen möglicher Dienstpflichtverletzung eingebracht. Konkret wird Donat vorgeworfen, sein Mail an Gemeinderatsmitglieder in Liebenau (Bezirk Freistadt) habe das Abstimmungsverhalten zu einem geplanten Windkraft-Projekt „beeinflusst“. Außerdem wird ein Postwurf des Umweltanwalts in Rainbach im Mühlviertel behandelt – darin seien „Falschinformationen über drei Windkraftanlagen in der Gemeinde“ veröffentlicht worden. Des Weiteren verbreite er „unrichtige Fotomontagen“, einseitige Aussagen zu UVP-Verfahren, falsche Aussagen zur Gefährdung der Wasserversorgung durch Windräder, u. a. 

In UVP-Verfahren werden die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt beschrieben und beurteilt. Es wird mittels Bescheid über die Genehmigungsfähigkeit des jeweiligen Vorhabens entschieden. Daher finde ich die vorauseilende Ausschlusszonenregelung äusserst bedenklich, weil sie Windparkbetreiber:innen schon im Vorfeld jegliche Möglichkeit auf ein rechtliches Verfahren nimmt.
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